Kneipp-Gesundheitsvisite August 2024
Kneippen für ein gesundes Herz
Herz-Kreislauferkrankungen sind für 40% der Todesfälle in Deutschland verantwortlich und damit die häufigste Todesursache. Sie verursachen mit mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr die höchsten Kosten für unser Gesundheitssystem. Aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer hohen Krankheitslast haben kardiovaskuläre-Erkrankungen daher eine zentrale bevölkerungsmedizinische und gesundheitspolitische Bedeutung. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat nun ein „Gesundes Herz-Gesetz“ auf den Weg gebracht, das jedoch für hitzige Diskussionen sorgt, denn die Chance zu echten Primärprävention durch Gesundheitsförderung wird verpasst. Statt-dessen liegt der Fokus auf der Verordnung cholesterinsenkender Medikamente, sogenannter Statine, sogar schon für Kinder, und das Geld soll aus den Töpfen der Krankenkassen kommen, die eigentlich zur Förderung von Präventionskursen nach § 20 SGB V bestimmt sind. Ist diese Art der Krankheitsvermeidung wirklich der richtige Weg? Das BMG erhofft sich von dem Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit 140 Millionen Euro Kosteneinsparungen im ersten Jahr nach Inkrafttreten, im fünften Jahr sollen es bereits 500 Millionen Einsparungen sein. Zunächst wird allerdings mit zwei Millionen neuen Patienten/-innen durch das Gesetz gerechnet, weil die Regeln für die Verschreibung besonders für Nicht-Volljährige gelockert werden sollen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat das „Gesunde Herz-Gesetz“ auf den Weg gebracht. Welche Rolle spielt Prävention und Gesundheitsförderung für ein gesundes Herz?
Um es mit den Worten von Sebastian Kneipp zu sagen: „Das Beste, etwas gegen eine Erkrankung, ist etwas für die Gesundheit zu tun.“ Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, Kneippsche Wasseranwendungen, sanfte Heilpflanzen und Stressreduktion sind nach-weislich effektive Methoden, um das Herz-Kreislauf-System zu stärken. Diese natürlichen Ansätze haben keine Nebenwirkungen und fördern das allgemeine Wohlbefinden. Initiativen und Programme, die solche gesunden Lebensgewohnheiten unterstützen, sollten daher Priorität haben.
Wie lauten Ihre Kritikpunkte am Gesetz?
Das „Gesunde Herz-Gesetz“ setzt in seiner aktuellen Form zu einseitig auf medikamentöse Prävention und vernachlässigt wichtige natürliche Ansätze. Eine Rückbesinnung auf ganzheitliche, naturgemäße Methoden im Sinne von Kneipp, die in Präventionskursen und durch eine gesunde Lebensführung vermittelt werden, wird außer Acht gelassen. So bleibt zu hoffen, dass die Diskussionen rund um das Gesetz zu einer ausgewogeneren und nachhaltigeren Lösung führen werden. Tatsache ist, dass die nach jetzigem Stand geplante Abkehr von Präventionskursen für Vereine einen herben Rückschlag bedeuten würde im Hinblick auf ihren Status als „gesundheitsförderndes Setting“. Präventionskurse und sportliche Aktivitäten sind essenziell, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Sie bieten eine natürliche und ganzheitliche Methode, die Gesundheit zu fördern und langfristige medizinische Eingriffe zu vermeiden.
Welches Potenzial haben die Kneippschen Naturheilverfahren für die Herzgesundheit?
In Bezug auf das Krankheitsbild „Hypertonie“ (Bluthochdruck) kann beispielsweise eine natürliche, gesundheitsfördernde Prävention nach Kneipp wirksamer sein als der Einsatz von Statinen. Medikamentöse Therapien können zwar erforderlich sein, um Gefahr abzuwenden, aber viele chemisch-synthetische Arzneimittel gelten bei einer konsequenten, naturgemäßen Lebens- und Ernährungsweise nach Kneipp-Prinzipien aus wissenschaftlicher Sicht als reduzier- oder sogar verzichtbar. Stoffwechselentlastung, Entschlackungs- und Entgiftungskuren führen oft zu erstaunlichen Erfolgen.
Bei welchen weiteren Herzbeschwerden, neben Hypertonie, eignen sich die Kneippschen Naturheilverfahren?
Naturheilkundliche Verfahren, zu denen auch „Kneipp“ gehört, machen sich zunutze, dass der Herzmuskel wie jeder andere Muskel auch trainiert werden kann – ohne dabei jedoch die Trainingsherzfrequenz zu überschreiten. Die Herzenge (Angina pectoris) ist ein Zeichen von mangelndem Sauerstoff. Durch milde Kneipp-Wasseranwendungen können die Gefäße des Herzens reflektorisch über die Haut positiv beeinflusst und somit die Sauerstoffzufuhr verbessert werden. Viele vermeintliche Herzkrankheiten sind jedoch auch durch Verspannungen im Wirbelsäulenbereich verursacht („Pseudoangina“). Sie können nach entsprechender Untersuchung und Diagnostik gut durch Kneippsche Therapien (z.B. Nackenguss) behandelt werden. Man sollte aber vorher unbedingt Rücksprache mit dem Arzt des Vertrauens halten.
Was hat Sebastian Kneipp seinen Patienten/-innen empfohlen?
Kneipp empfahl seiner Zeit Herzleidenden vor allem auch das Barfußgehen als allgemeines Abhärtungs- und Kräftigungsmittel – bei jeder sich bietenden Gelegenheit: „Dass bei solchen Kranken das Barfußgehen zur Ableitung des Blutes in die Füße und zur allgemeinen Abhärtung und Kräftigung am meisten beiträgt, lässt sich denken, und gerade diese Kranken gehen mit großer Vorliebe barfuß, weil sie fühlen, dass der Kopf dadurch leichter und das Herz ruhiger wird.“